KI als Game Changer für die Weiterbildungsbranche

30 Apr 2024 | Scientific Trainer Blog

Die rasante Entwicklung der KI fordert Bildungsanbieter heraus

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass neue Meilensteine in der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) verkündet werden. Insbesondere im Bereich der generativen KI, also jener Systeme, die eigenständig neue Inhalte erzeugen können, ist der Fortschritt atemberaubend. Das Paradebeispiel ist der Chatbot ChatGPT, der seit November 2022 für Furore sorgt. Sein „großer Bruder“ GPT-4 hat im März 2023 noch einmal eine Schippe draufgelegt und Bestnoten in anspruchsvollen US-Aufnahmeprüfungen erzielt – besser als 90 Prozent der menschlichen Testteilnehmer. Ein Jahr später ist nun GPT-5 für den Sommer 2024 angekündigt, nachdem Anthropic mit Opus, der Spitzenversion seines Claude 3 Sprachmodells GPT-4 in einigen wichtigen Benchmark-Tests vorerst  vom Thron der generativen KI verdrängt hat . Voraussichtlich wird es durch das Wettrüsten der großen Player zu einer rasanten Weiterentwicklung kommen. So soll GPT-5 bereits KI-Agenten enthalten. KI-Agenten könnten eine Vielzahl von Aufgaben autonom ausführen, die über die einfachen Prompt-Antwort-Interaktionen der aktuellen Modelle hinausgehen. Diese Agenten sind darauf ausgelegt, eigenständig zu „denken“ und zu handeln, basierend auf einem gesetzten Ziel, ohne dass ein Mensch jeden Schritt des Prozesses initiieren muss. Beispiele sind die autonome Reiseplanung, die Automatisierung von Geschäftsprozessen – etwas durch die autonome Erstellung und Abarbeitung von Aufgabenlisten – oder ein steckenweise komplett selbständiger Kundenservice. 

KI – überlegener IQ, überlegener EQ!

Indes beschränkt sich die KI-Revolution  längst nicht mehr auf die Bewältigung kognitiver Herausforderungen. Auch in Bereichen wie Kreativität und emotionaler Intelligenz, die bisher als Domäne des Menschen galten, holt die KI rasant auf. So schnitt GPT-4 in einem Kreativitätstest an der University of Montana besser ab als 99 Prozent der menschlichen Probanden. Und in einer Studie zu emotionaler Wahrnehmung überflügelte ChatGPT die menschlichen Teilnehmer um Längen. Selbst bei der Kommunikation in einem Portal für Patientenfragen lag GPT-4 vor den menschlichen Medizinern – und das nicht nur bei der medizinischen Qualität, sondern vor allem in Sachen empathischer Arzt-Patienten-Interaktion. Neure Entwicklungen verstärken diesen Trend. Conversational AI Tools wie Pi von Inflection, dessen CEO Mustafa Suleyman nun zu Microsoft gewechselt ist oder hume.ai gehen inzwischen mit verblüffender Präzision auf die emotionalen Untertöne in gesprochener Konversation ein und klingen schon ähnlich natürlich wie ein echter Mensch. 

KI verändert die Anforderungen an Wissensarbeiter

Was bedeuten diese Entwicklungen für die Arbeitswelt – und damit auch für die Weiterbildungsbranche? Die Antwort ist eindeutig: Die Anforderungen an menschliche Fähigkeiten verschieben sich massiv. Laut einer Studie des World Economic Forum (WEF) vom Mai 2023 werden 44 Prozent der für die Wertschöpfung und employability benötigten Kompetenzen innerhalb der nächsten fünf Jahre obsolet. An ihre Stelle treten neue Skills, die im Zusammenspiel mit der KI gefragt sind.

Dabei geht es nicht in erster Linie um technische Fähigkeiten wie Programmieren. Stattdessen rücken kognitive Metakompetenzen in den Vordergrund: Analytisches Denken führt die Liste der gefragtesten Skills im WEF-Report an, gefolgt von kreativem Denken. Erst auf Platz sechs folgt „technologisches Grundverständnis“. Weitere Spitzenplätze belegen Soft Skills wie Resilienz, Motivation und lebenslanges Lernen.

Weiterbildung als Überlebensstrategie für Unternehmen

Für Unternehmen wird die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter damit zur Überlebensfrage. Laut WEF-Studie planen vier von fünf Firmen den verstärkten Einsatz von Bildungstechnologien, um ihre Belegschaft fit für die Zusammenarbeit mit der KI zu machen. Auch wenn es eine Tendenz zum Insourcing von Weiterbildung gibt, prognostiziert die Studie für die nächsten Jahre ein Wachstum des Bildungssektors um 10 Prozent. Allein in der beruflichen Aus- und Weiterbildung entstehen dadurch drei Millionen neue Jobs.

Herausforderungen und Chancen für Weiterbildungsanbieter

Für Weiterbildungsanbieter, insbesondere freiberufliche Trainer und Coaches, ergeben sich daraus mehrere Handlungsfelder:

  1. Eigenes Upskilling: Um auch künftig marktfähig zu bleiben, müssen Weiterbildner selbst neue Kompetenzen aufbauen – gerade im Bereich der kognitiven Fähigkeiten und Zukunftstechnologien.
  2. Bildungstechnologien: Der kompetente Einsatz von KI-Tools und Lernplattformen im Unternehmenskontext wird zu einer Kernkompetenz. Gleiches gilt perspektivisch für Metaverse-Technologien wie Virtual-Reality-Brillen.
  3. Neue Lerninhalte: Neben klassischen Soft Skills werden Angebote zur Förderung kognitiver Metakompetenzen wie analytisches Denken, Kreativität oder Urteilsvermögen immer wichtiger. Hier tun sich neue Marktpotenziale auf.
KI verändert die Weiterbildung
KI verändert die Weiterbildung

Wissenschaft als „Schule des Denkens“

Einer der wichtigsten Wege zur Zukunftsfähigkeit ist die stärkere Integration wissenschaftlicher Ansätze in Trainings und Workshops. Methoden wie Critical Thinking, Logik oder Szenariotechniken schulen genau jene Fähigkeiten, die im Zusammenspiel mit der KI gefragt sind. Für viele betriebliche Aufgaben bietet sich das experimentelle Prozessmodell empirischer Forschung geradezu an. Da führt nicht nur nachweislich zu wirtschaftlich besseren Ergebnissen als das gängige Herumpfuschen mit einem Mix aus „Inutition“ (= der Summe der alten Erfahrung) und „best practice“ (=den früheren Erfolgsrezepten anderer in anderen Situationen). Außerdem ist die dafür erforderliche on the job Befähigung die beste Versicherung von Mensch und Organisation gegen das Ausscheiden aus dem Markt wegen unzulänglich trainierter Intelligenz. Wissenschaft wird so zur „Schule des Denkens“ – und zum Fast Track für den Aufbau zukunftsentscheidender Skills.

Science is the blueprint for future learning!

Schließlich kündigt es sich heute schon an, dass wir in absehbarer Zeit an den „Fachkräftemangel“ mit einem nostalgischen Lächeln zurückblicken werden, so existenzbedrohend er heute auch für viele Unternehmen ist. Gerade die momentane Verknappung von Fachkräften zwingt die Unternehmen, alle Automatisierungspotenziale auszuschöpfen. Der Umstand, dass Unternehmen schon heute auch Stellen mit akademischem Qualifikationsprofil in beträchtlicher Menge abbauen, zeigt, wie schnell die Ersetzung menschlicher durch maschinelle Intelligenz voranschreitet. Auch für unsere Branche – das „workforce training“ prognostiziert eine McKinsey Studie vom vergangenen Sommer ein Automatisierungspotenzial von über 50% durch generative KI. Wer morgen noch am Markt teilnehmen möchte – egal als Mitarbeitende, Führungskraft, selbständige Weiterbildnerin, Trainingsinstitut oder Unternehmen, sollte sich nicht nur innigst mit KI vertraut machen. Er / sie sollte zugleich darin investieren, die Potenziale des eigenen IQs weiterzuentwickeln und dieses Entwicklungswissen an seine Teilnehmer:innen und Klient:innen  weiterzugeben. Damit möglichst wenige Menschen auf der Strecke bleiben! Wissenschaft ist daher nicht nur Erkenntnislieferant und wohlfeile Garnitur für Seminare – sie ist DIE Kernmethode zukunftsfähiger Personalentwicklung. 

Auch die KI selbst kann dabei als „Co-Trainer“ wertvolle Unterstützung bieten, etwa beim Entwickeln kreativer Ideen, beim Faktencheck oder bei der Recherche komplexer Zusammenhänge. Richtig eingesetzt, beflügelt sie den menschlichen Geist, statt ihn zu ersetzen.

Fazit: Mut zum Paradigmenwechsel

Die rasante Entwicklung der KI stellt die Weiterbildungsbranche vor große Herausforderungen. Doch wo Umbrüche sind, wachsen auch die Chancen. Wer jetzt die Weichen stellt und sein Angebot konsequent an den Erfordernissen einer KI-geprägten Arbeitswelt ausrichtet, kann die Transformation aktiv mitgestalten. Dafür braucht es Mut zum Paradigmenwechsel, Neugier auf Neues – und die Bereitschaft, selbst zum Lernenden zu werden. Die KI ist ein mächtiges Werkzeug. Doch es liegt an uns Menschen, es klug und verantwortungsvoll einzusetzen.

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